Wir sind «am Arsch» — es ist vorbei!

Ein hübsches, neues Akronym

Nein, nicht wir, keine Angst! Vorgestern Abend waren Sarah und ich auf der lang ersehnten “FuckUpNight”. Die meisten öffentlichen Events, gerade hier mit den Millenials — und langweiliger noch zuhause mit den Babyboomern — handeln stets davon, wie man wann alles so richtig gemacht hat, wie es nur geht. So richtig gut. Und so awesome, alles war so exciting und ging wonderfully aus. Es war erfrischend, als man uns schon vor zwei Monaten auf die FuckUpNights aufmerksam gemacht hatte. Wir waren so interessiert, dass wir sogar einen der Speaker vorgeschlagen hatten, denn für einen coolen FuckUpNight-Talk braucht man einen Briten!

Aber worum geht es eigentlich? Naja, eben um das Gegenteil. Jeder auf der Bühne, es waren vier, erzählte, wo und wie er mal so richtig Mist gebaut hat, aber so ganz richtig. Wir waren auf David gekommen, weil das mit das Erste war, was der Londoner uns berichtet hatte, vor der Kaffeebar im Hubud, wo er, tagein-tagaus, am Launch seiner Charity-App saß und sie auch, diesmal korrekt, abgeliefert hat.

Beim Studium des “Buches”

Es war ein Abend-Event, auf der Dachterrasse eines schicken Hipster-Resorts auf der anderen Seite der Stadt. Sarah und ich hatten vorab noch das Vergnügen gehabt, im dortigen Slow-Food (die Waldkircher kennen das) Restaurant eine Komposition erlesener Kräuter und einen Blumenstrauß an warmen Delights zu uns zu nehmen, natürlich langsam zubereitet und gediegen serviert, schließlich hat man das alles seinerzeit in Brá ja auch so erfunden. Es war gut, für meinen Geschmack zu kokos-sahnig, aber im Prinzip klasse.

Blick nach Norden

Als es losging, war es bereits finstre Nacht hier in Ubud, ein mittelprächtiges Foto gibt vielleicht einen kleinen Eindruck davon, wie die Stadt von einer Dachterrasse aus abends aussieht.

Dort oben, wo ansonsten zum Morgengrauen und während der Dämmerung die Yogamatten ausgerollt werden, ging es dann um Bier, gute Laune und ums “auf dem Boden sitzen”, was inzwischen zwar besser geht als seinerzeit in Deutschland, aber immer noch mühsam daherkommt.

Kash, unser Event-Manager, war ganz aus dem Häuschen, als er die vier Vortragenden einführte.

Und da sind sie auch schon. Es waren vier Männer, ein Australier, zwei Briten und ein Indonesier, der im übrigen PR-Chef vom Hubud ist, wo wir arbeiten.

Esmond, Kirk, David, Vitto

Dann ging es los, erst David, unser Kumpel, der von einem totalen Scheitern in seiner letzten Position als CFO berichtete, eine Geschichte, die vielleicht eher Programmierer verstehen können, weil sie doch Sachen berührt, von denen ein normaler Mensch nicht glauben würden, dass sie derartige Konsequenzen haben können. Und spannend, mit wie wenigen Mitteln so etwas dann eben auch gerettet werden kann. Sein Fazit: Wenn du so richtig Mist gebaut hast, dann hast du das in der Regel nicht einmal ganz groß gemacht, sondern über einen langen Zeitraum in vielen kleinen Mistmengen, die dir gar nicht aufgefallen sind. Und irgendwann ist der Misthaufen so groß, dass du außer ihm gar nichts anderes mehr sehen kannst.

Esmond, der in Eton studiert hat und eine Investmentbanker-Karriere (international) hinter sich hat, stieg auf eigene Füße und suchte weltweit Investoren für ein Traumferien-Projekt auf Lombok. Dummerweise, aus einem guten Stall stammend, fragte er zumeist bei Verwandten und Freunden und noch dümmer: erhielt er eben auch millionenschwere Zusagen, die er dann in Profit umzuwandeln hatte. Was kam, ist schon ein mächtiger Screw-Up: Sie hatten nicht gemerkt, wie sich der Kurs der Indonesischen Rupiah vergaloppierte, und sie hatten gar nicht drüber nachgedacht, dass Lombok auch im Ring of Fire, also einem aktiven Erdbebengebiet liegt. Demnach kam, was kommen musste, alles ging den Bach runter, die Währung verfiel, der Vulkan brach aus. Naja, dieser Geschäfts-Hiatus ist so groß, ich weiß auch nicht genau, ob das noch in diese humorige Auslage passt. Wie dem auch sein, er weiß, dass massiv Mist gebaut wurde, weil man intransparent und auch unehrlich war, weil man sich übernommen hatte, weil man dachte, es gehöre einem die Welt…

Kirk, Australier, hatte verschiedene ulkige Ideen, die er im Rahmen des sogenannten Drop Shippings via Facebook umgesetzt hatte. Das ist einer der leichten Wege gewesen, wie man einerseits Facebook reich macht, durch gekaufte Werbung, andererseits eben sich selbst entweder reich oder arm macht, indem man mit einer mittelmäßigen Idee und ohne Kenntnisse einen Online-Shop in Facebook eröffnet, irgendwo in China oder Thailand billige Fabrikanten findet und sein Zeug (im besten Fall kann man das so nennen) an den Mann bringt. Bei Kirk waren das am Anfang so Plastiksäcke, die man aufhängen kann, aus denen Wasser mit Vitaminen versetzt in einen Schlauch rinnt, der dann eben mit einem Mund verbunden werden kann. So hilft man sich, wie es sich Kirk gedacht hatte, im Zustand totaler Trunkenheit vor dem Dehydrieren.

Da er nichts wusste, hatte er aufs falsche Pferd gesetzt in der Fabrikation, und so landete er auf einem Haufen von Tausenden solcher Produkte, die eben leider nicht dicht waren, sodass die Käufer alles retournierten; wer will schon in einem nassen Bett aufwachen, wenngleich hydriert, oder sogar doppelt hydriert?! Seine zweite Idee, die ihn dann nochmals alle Ersparnisse gekostet hatte, waren Kapuzenpullis für stillende Mütter, also mit Aufklappern im Bereich der mütterlichen Brüste. Komisch, dass das nicht geklappt hat?! Heute macht er immer noch Online-Deals, aber mit etwas mehr Expertise und der Unterstützung von jemandem, der sich auskennt in einem bestimmten Metier.

David und Vitto

Vitto, am Ende, Indonesier mit einer Leidenschaft für Parties, Drinks und Ausgelassenheit, tut sich schwer, dies in einem Land zu realisieren, dass sich selbst schwertut mit allem, was irgendwie in die Nähe von Spaß am Alkohol gerät. So hat er lange ein House-Party-Konzept verfolgt, das immer größer wurde, zuletzt so groß, dass es ihn wegen massiver Kosten und der zunehmenden Aufmerksamkeit der Behörden finanziell in Schwierigkeiten und seinen besten Freund aus holländischen Studienzeiten für ein paar Tage ins Kittchen gebracht hatte. Eine sehr ernste und ehrliche Berichterstattung für ein lebenslustiges Geschäftsmodell in einem Staat, der sich mit Lebenslust schwer tut.

Wir haben die selbstkritischen Vorträge genossen, eben weil sie nicht so stählern positiv waren, wie gewohnt, wo immer alles eine Erfolgsstory ist.

Es war manchmal auch etwas traurig, denn Lacher sitzen nicht immer gut, wenn dann doch eine Geschichte des Scheiterns erzählt wird.

Ansonsten aber ein guter Event, gerne wieder. Offenbar gibt es diese Veranstaltungen in fast allen Ländern, wusste ich gar nicht. Das Team vom Hubud hat eine tolle Arbeit geleistet, Maria und Dian haben sich bestens amüsiert, Kash war gut drauf — keine Klagen also. Gestern waren wir dann noch beim Visa-Run in der Hauptstadt, Sarah und ich; hier noch ein Bild, das alles ohne weitere Worte erklärt… Machts gut, passt auf Euch auf, alles Gute, Niklas

Visa-Run in Denpasar



Niklas WeißKommentieren