Einmal um Ubud herum
Heute hatte ich — einmal wieder — das Gefühl, mich zu Fuß intensiv bewegen zu wollen. Wir sind das ja durch den Hund so gewohnt, teil weite Strecken zu gehen, täglich. Üblicherweise klären sich viele Prozesse im Kopf, vermutlich weil sie durch das Hin- und Her des rechten und des linken Fußes ins rechte Verhältnis hinein balanciert werden. Hier sind wir, nicht zuletzt weil es heiß ist und nachmittags immer noch regelmäßig stürmisch regnet, meistens mit dem Roller unterwegs, unter dessen Sitzbank die Regenmäntel bereit liegen.
Aber heute will ich laufen. Noch schnell eine kleine Dosis homöopathisches «Loslassen», das ich heute morgen in meinem Koffer gefunden habe, und schon geht es los. Neulich schon hatte ich ja die Treppe hinauf nach Penestanan fotografiert. Mit ihr betritt man einen der wenigen echten Fußwege, der ausnahmsweise auch mal Wege abkürzt; es kann aber auch sein, dass ich viele Geheimwege einfach noch nicht kenne. Quasi hinter unserem Haus geht es also den Hügel hoch, oben gibt es eine ruhige, kuschlige Ansammlung von hübschen Lodges und schönen alten Holzhäusern, Spas, Eisdielen. Wie immer führt der Weg über Bäche und Flüsschen, wenngleich Bali ein Wasserproblem hat, sieht man das hier in Ubud überhaupt nicht.
Der Weg ist mit kleinen Steinquadern ausgelegt, an denen der Zahn der Zeit offenbar schon lange sägt. Alles ist in den Tropen einem schnellen Verfall unterworfen, Sonne, Trockenheit und Sturzbäche mischen sich permanent, die Vegetation ist geprägt von einem rasenden Wachstum. Die Fauna genauso üppig. Alles, incl. die Menschen kämpft täglich um den Boden, die Erhaltung der Dinge, alles wollen alles an sich reißen. Insofern verwundert es gar nicht, dass ich auf dem Fußweg auch eine Menge Balinesen sehe, die fegen oder Unkraut ausreißen, Palmzweige abschneiden und massive Kletterpflanzen aus den Bäumen reißen — nichts von dem, was hier bereinigt wird, ist alt.
Penestanan ist nicht weit vom Zentrum Ubud’s, aber doch — weil hier alles rauf und runter geht — ruhig und ein wenig für sich. Es hat auch ein paar sehr große Tempel, aber ohne die geht es hier einfach nicht. Ansonsten finden sich viele einfachere Bleiben für Rucksacktouristen neben rückversetzten kleinen bis mittelgroßen besseren Compounds, viele kleine Geschäfte und Reinigungen, kleine Gallerien; auch Barbershops haben Einzug in Ubud gehalten. Hier eine kleine Übersicht mit Geschäftchen und der Penestan-Hauptstraße und ihrer “Vierkreuzung” (man unterscheidet hier die Dreikreuzung von einer Vierkreuzung). Rechts geht es ab zum Bauernmarkt, links und dann wieder links zurück nach Hause, links und dann rechts in südlicher Richtung nach Sayan und Singakerta Road, also das südliche Einfallstor von Ubud.
Links oben die Vierkreuzung (Four Junction), daneben eine Galerie, die surrealistische gemischt mit klassischer balinesischer Kunst führt, unten links eine Tankstelle, und ja, in den alten Wodkaflaschen ist blaues Petrol, es wird von Hand mit Trichter und Augenmaß in den Tank gefüllt. Sodann der beste Obstladen von Mutter Abhi, und schließlich ein etwas erbärmlicher Klamottenladen, der aber gut zeigt, dass man immer und mit allem zumindest ein Angebot generieren kann. In Penestanan mischen sich Locals und Touristen stark.
Am Ende von Penestanan, in einer Kurve, finde ich noch dieses Prachtstück von Baum, um den herum man eben auch nur einen Tempel bauen kann. Kurz darauf geht es auf eine Art Landstraße, die Frequenz der kleinen Häuser, Spa’s und Buden nimmt ab, es gibt mehr Gärtnereien und Äcker, Reisfelder, Kanäle, Landhäuser, in der Ferne sieht man die Ausläufer des Affenwalds, wo übrigens ein schöner Pilgerweg sein muss. Habe ich aber noch nicht gefunden.
Es geht also immer weiter, mir läuft der Schweiß in Ströhmen, immerhin habe ich auch einen Rucksack mit Kabeln, Laptop, Tablet und die Kamera dabei, der Weg zieht sich — aber irgendwann kommt dann wieder Zivilisation in Gestalt von feinem Handwerk. Ob das nun die berühmten balinesischen Holzschnitzer sind (wenngleich einige behaupten, dass die Javaner darin besser seien) oder auch Kleinbetriebe um eine wertvolle Nähmaschine herum, entlang einer vielbefahrenen Hauptstraße ohne Gehweg, dafür mit vielen Löchern im Boden, sie sind aufgereiht wie auf einer Kette. Da ich mittlerweile etwas braun gebrannt bin, werde ich nicht mehr angesprochen und nach meinen Wünschen (Taxi, Tour, Massage, Essen …) gefragt, selbst wenn ich mit meiner Kamera in der nassen Hand doch wie ein Frischling auf sie wirken muss. Hier noch eine kleine Übersicht. Man merkt sicher, dass nicht gerade viel auf dem Weg passiert ist, deswegen ist dieser Bericht ganz schön additiv geworden; aber das war eben nicht viel mehr als ein ungewöhnlicher Marsch auf glühendem Asphalt, und außer aufzuzählen, an was man vorbeigekommen ist, gibt es heute eben nicht viel im Angebot.
Kurz vor dem Ortseingang von Ubud, vor dem Fluss, betrete ich nochmals das Ubud Yoga Center, wo ich vor ein paar Wochen einen (für mich) missglückten Einstieg in Ashtanga-Yoga vermasselt habe (war einfach zuviel für mich gewesen), aber deren Terrasse ist einfach ein totaler Traum. Das Center ist ein modernen Betonbau mit sehr schönen, kubischen Klassenräumen und weiten Terrassen, Cafè, Shops, Entspannungsräume — das ist alles fancy von außen, in den Yogaräumen wird heftig gearbeitet. Sarah sagte mir, dass sie sie teilweise sogar noch aufheizen, damit man (noch) mehr schwitzt.
Ich gehe weiter über den Fluss und gelange an ein sehr typisches Ortseingangsschild, welches den Stadtteil und die Nähe zum Heiligen Affenwald ankündigt. Vergessen wir nicht, dass dieser aus dem 14. Jahrhundert stammt. Er ist zwar nicht älter als das Königreich von Ubud, aber dann doch schon einen Moment da.
Vorbei an dem anderen, sicher etwas professionellerem Coworks-Space, dem Outpost, komme ich in einen sehr touristischen Teil, gleich südlich vom Affenwald, wo hauptsächlich Guesthouses und Kneipen sind, Spa’s natürlich, und wo auch auf den Straßen eine Menge Westler herumlaufen, die meisten blass und bleich. Auch hier gibt es alle 10 Meter Tempel, die meisten privat oder zu den Gasthäusern gehörig, ein kleines Fußballfeld, an dessen Rand (direkt hinter dem einem Fußballtor) wieder so ein Baumriese steht — hier geht es ab in den Affenwald. Einerseits zu den Kassen, ich aber wähle einen viel befahrenen Fußweg (ja!), der ganz eng ist und entlang des Zauns durch den Wald zur Monkey Forest Road und dem Hubud führt. Hier drei Bilder von diesem Weg.
Zum Abschluss dieses Spaziergangs von doch immerhin zwei Stunden in sengender Hitze schicke ich Euch ein Bild meines frisch danach auf der Arbeit angekommenen Selbsts mit leichten Erschöpfungsspuren, verbunden mit vielen Grüßen. Und bevor es Fragen gibt: Ich weiß auch nicht, warum ich so komisch aus der Wäsche gucke, vielleicht liegt es daran, dass ich mit dem ganzen Thema Selfie schlichtweg nicht vertraut bin. Machts gut und passt auf Euch auf, Niklas