Noch mehr Bäume und ein "Fancy Restaurant"
Wenn ich durch Ubud laufe, was hin und wieder dank des moderaten Klimas möglich ist, führt mich mein Weg ständig an monumentalen Bäumen vorbei. Sie scheinen das balinesische Wetter zu lieben. So wildes Wachstum in alle Richtungen findet man zuhause in Europa kaum. Schnell sind 20-30 Meter Durchmesser erreicht. Mich bringen diese Baumriesen zum Staunen, sie erinnern an den Heimatbaum des Planeten Pandora aus David Camerons Film. Für mich sind diese Bäume ein Abbild wilder Lebensfreude, und sie erinnern mich täglich daran, warum ich das Trees Projekt durchführe.
Da wir zuletzt sehr viel im Hub gearbeitet haben und in dieser letzten Märzwoche mein 50-Stunden-Konto Schwächen zeigt, haben wir heute einen Pausentag eingeschoben, sind Mittags ins Zest zum Essen gegangen und beschränken uns heute auf Emails und ein paar Kleinigkeiten, Facebook-Posts, Daten sortieren, einkaufen gehen, Dinge eben, die man ansonsten vor sich herschiebt.
Das Zest zwischen Jalan Raya Campuhan und Penestanan, gleich am Beginn des Hügels über dem Blanco Museum und dem Fluss, liegt einzigartig. Ubud ist hügelig, eigentlich geht es permanent auf und ab, aber da es so verbaut ist, gibt es — falls man nicht das perfekte Domizil hat — nur selten das Gefühl, ausgesetzt zu sein und ein bisschen freie Sicht zu haben. Bestes Beispiel bislang ist das Ubud Yoga Center, wo ich eine schrecklich anstrengende Intro in Ashtanga-Yoga-Klasse hatte, von dessen Terrasse aus man aber einen atemberaubenden Blick hat. Aber auch das Zest muss sich nicht schämen. Licht und offen gebaut, blickt es ins Tal hinab in Richtung Fluss, und wenngleich die Straße unten viel befahren ist, so herrscht hier oben dennoch Ruhe. Der Garten mit einer Vielzahl an Statuen, Teichen und Pflanzen wirkt so gemütlich, dass wir vier beinahe im selben Moment Phantasien von einem möglichen Wohnzimmer entwickelten.
Mitten im Garten geht es in einen Camphur, also eine private Wohnanlage mit dennoch tempelartigem Eingang, wie es soviele hier in Ubud gibt. Offenbar bieten sie dort auch Zimmer an, denn wir sahen Gäste herauskommen. Uns war es Recht, dass das Zest voll war, denn so kamen wir zu der einzigen Gartenpagode mit urgemütlichen Sofas, anstatt dem regen Betrieb im Inneren ausgesetzt zu sein. Allerdings muss ich sagen, dass die Inneneinrichtung traumhaft schön ist. Beim ersten Blick bereits fühlt man sich schon in Cocktaillaune. Anstrengung und Stress, sofern vorhanden, fallen von einem ab.
Eine freundliche Bedienung reichte uns eine ambitionierte Karte, der irgendwie zu entnehmen war, dass der liebe Gott das Essen und Trinken fürs das Zest fast vollständig neu erfunden hat. Die Maßgabe dafür: gesund, organisch, exotisch, ungewöhnlich und grausamkeitsfrei (cruelty free). Also rein vegetarisch und mehr. Leider bin ich selbst bei solchen schönen Speisekarten aus dem Spiel, dafür sorgen Allergien und Gallensteine, aber ich schau sie mir gerne an. Ich schaue auch anderen gerne dabei zu, wie sie schön angerichtete Sachen verzehren. Hier gab es für mich leider nur ein einziges Gericht, was mir bestimmt war, Wraps aus fermentiertem Reisteig, gefüllt mit Salat, Avocado und Zwiebeln, verfeinert mit einer Paprika-Creme und einer süßen Tamarindensauce zum Dippen. Ein paar Chiliflocken noch. Meine Begleiter hatten grünen Curry und eine Sammlung kleiner Tapas, bestehend aus Papaya-Salat und anderen Leckereien.
Zu trinken gab es Limettensaft, Rote-Beete-Saft, Kokosnusswasser und einen speziellen Zest-Cocktail aus Tangerine-Saft, Kräutern, Tumaric und Sprudel. Alles war sehr schön angerichtet und durchaus originell. Wie so oft bei fancy vegetarischen und glutenfreien Plätzen mit hohem Anspruch wirkt das Ganze aber auch ein wenig maniriert und überkanditelt. Beim Kochen sind gute Absichten etwas ganz Tolles, aber es geht hier natürlich auch darum, dass die Speisen richtig lecker sind und Aroma haben. Leider muss ich sagen, dass meine Wraps nur dank der Tamarindensauce und der scharfen Chilis schmeckten, ansonsten aber ehr fad waren. Der Papaya-Salat war leider auch mehr hübsch als ein echter Gaumenschmaus, allein das Curry erfüllte die Erwartung, aber auch erst dann, als die zweite Lieferung fein geschnittener scharfer Chilis angekommen war.
Wir sind von der Örtlichkeit überzeugt, der Service war fantastisch, wir kommen mit Sicherheit auch wieder, um zum Sonnenuntergang einen Drink zu nehmen. Aber wir werden unsere Mahlzeit dann wohl eher woanders einnehmen. Glücklicherweise gibt es in Ubud Angebote genug. Es war nicht schlecht, wohl bemerkt, aber was so fancy daherkommt, muss eben auch grandios kochen können, finden zumindest wir.
Auf dem Heimweg, den ich gerne zu Fuß unternommen habe, ging ich weiter Bäume suchen. Gegenüber dem Blanco Museum habe ich dann auch noch einen weiteren Mammutbaum, dessen Typ ich natürlich nicht erkenne, gefunden, der zum Bukit hin alles überragt. Leider hatte ich nur ein Weitwinkelobjektiv, das macht eben alles Fotografierte flacher. Ein Teleobjektiv hätte hier dem Baum mehr Ehre erwiesen. Aber wie dem auch sei, hier ist er nun. Vorbei am Taxistand und der Treppe, die hoch nach Penestanan und zum Flower-Cafe führt, und vorbei an einem Grundstück, das sich die Natur gefräßig wieder zurückgenommen hat, kam ich dann wieder nach Hause in unser heimeliges Roots, die steile Treppe hoch und hinein in einen gemütlichen Nachmittag, dem heutigen Regenguss entgegensehend. Euch alles Gute, passt gut auf Euch auf, viele Grüße, Niklas