Götter No. 2 — Die Göttin der Liebe
Aus der Heimat, ich sag nicht von wem, erhielt ich die Aufforderung, die Göttin der Liebe ausfindig zu machen, zudem hat mir meine kleine Recherche gestern viel Spaß gemacht. Also habe ich mal ein wenig geforscht und bin auf eine wirklich faszinierende Geschichte gestoßen, was die Biographien und Familienverhältnisse in den hinduistischen Mythen angeht, sowie auf einige sehr interessante Parallelen zu “unseren” Schöpfungsgeschichten. Bis auf Ganesha (Elefant, siehe Götter) bin ich hier leider noch nicht auf Statuen dieser Hauptdarsteller der Mahapuranas gestoßen, also den ältesten Mythen. Insofern habe ich mir erlaubt, unter Creative Commons-Lizenzen und gemeinfreien Bildern (alle aus dem Wikipedia) ein paar zusammenzustellen, quasi als Illustration. Unten kommt dann ein Auszug aus dem Shiva Rahasya Purana, der Unterweisung die Gott Shiva in sein Mysterium gibt, die er als “Weg des Lichts” in Gestalt von “11 Lichtern” (Kapiteln) den Yogis zuteil werden ließ, um ihre Seelen auf Ihrem Weg ins göttliche Licht und weg von Sorge, Leid und Illusion (Maya) zu unterrichten.
Shiva, der Gott von Zerstörung und Erneuerung, war mit Devi (Flussgöttin) Sati verheiratet, die nach ihrem Suizid als Parvati wiedererstanden ist und in verschiedenen Manifestationen verehrt wird, sowohl als Todesgöttin Durga, wie auch als Liebesgöttin Uma. In anderen Aspekten wird sie auch als Getreidegöttin und Muttergöttin, also vielleicht vergleichbar der Demeter dargestellt. Parvati ist die Tochter des Gottes der Himalya-Berge und die jüngere Schwester der göttlichen Verkörperung des Flusses Ganges. Parvata ist ein Sanskritwort und bedeutet “Tochter des Gebirges”. Alles, was gemeinhin unter Kategorien von Gefährten- oder mütterlicher Liebe fällt, ist in ihr zusammengekommen: Sie ist gnädig, hingebungsvoll, licht und freundlich, liebevoll — als Mahadevi (Große Gottheit) bildet sie mit ihrem machtvollen Mann und ihrem berühmten Sohn Ganesha, der als Elefant dargestellt wird, die himmliche Musterfamilie schlechthin, wobei man das auch nicht zu rosig sehen soll, denn das Nebeneinanderexistieren von Zerstörung und Erneuerung, welches sowohl Uma-Parvati in ihrer Manifestation als Durga (Todesgöttin) als auch als Kali (Verkörperung von Durga wenn sie mal richtig zornig ist, eben auch Aufrührerin und Anstifterin, die gerne mal Tänze auf (!) ihrem Mann Shiva aufführt) auszeichnet, und was sie mit ihrem Gatten teilt, hat halt auch eine gewissermaßen gewalt(tät)ige Seite.
Wenn wir das Ganze etwas pompöser und aus dem Munde von Shiva selbst hören wollen, dann sieht das natürlich etwas anders aus. Hier habe ich für die, die das interessiert, mal das sogenannte "Fünfte Licht" einkopiert, Genesis, wie der Gott Shiva sie erzählt. Nebenbei enthält diese Schöpfungsgeschichte auch wichtige Hintergrundinformationen aus dem Hinduismus zu Prinz Siddhartha (später Gautama Buddha), dem Yogi aus der Geschichte, der als erster das Ende des Kreislaufs der Inkarnationen in die “Welt der Schlafenden” (Erde) erreicht hat, und zur eigentlichen Bedeutung des Wortes Yoga, das übersetzt Vereinigung oder Einheit bedeutet und letzten Endes den Weg beschreibt, der sein Ziel in der Einheit mit Shiva findet:
Das fünfte Licht
Wisset, die Welt ist ein Traum im Traum. Und die meisten verfallen der Maya dieser Welt. Doch wer den Traum durchschaut, der wird zum Herrn über die Welt.
An einem sonnigen Tag wandelte ein König durch die Gärten seines Palastes. Unter einem schattigen Baum ließ er sich nieder, lauschte dem Gesang der Vögel und erfreute sich am Duft der Blüten. Er schlief ein und träumte er sei ein Bettler (Ich halte das für die Geschichte des Prinzen Siddharta, der Gautama Buddha wurde).
In Lumpen gehüllt, barfuß wanderte er von Haus zu Haus und bat um Almosen. Eines Nachts erschien ihm ein Yogi im Traum, der ihm das Wissen und das Selbst lehrte. Der König erwachte und war sich seiner wahren Identität wieder bewusst.
Die unerwachte Seele ist dem König gleich, der den Traum eines begrenzten Lebens träumt. Denkend sie sei der sterbliche Körper und eingetaucht in die Magie der materiellen Welt ist sich die schlafende Seele ihres wahren Selbstes nicht mehr bewusst. Doch die andere Hälfte, die erwachte Seele, ist sich des Selbstes bewusst und wacht.
Der Mensch identifiziert sich mit der schlafenden Seele und schläft selbst. Der Yogi identifiziert sich mit der wachen Seele, auch wenn es scheint er schlafe. Während sein Körper auf Erden ruht, steigt seine Seele hinauf in himmlische Höhen, weiter und weiter, bis sie den höchsten Herrn findet.
Die schlafende Seele gleicht dem Mond, die erwachte Seele der Sonne. Der Mond, das linke Auge, strahlt bei Nacht. Wenn die Sonne, das rechte Auge, aufgeht geht der Mond unter. Das Feuer des Wissens, das dritte Auge der Weisheit, brennt Tag und Nacht, Sonne und Mond werden eins und unsichtbar. Wenn weder Mond noch Sonne zu sehen sind, dann sind auch die beiden Augen eins.
Wissen ist Licht durch das die Wahrheit sich offenbart. Ohne Wissen gibt es keine Wahrheit und kein Leben. Wer nicht weiß, der schläft. Wer nicht schläft ist ein Erwachter, ein Buddha.
Die Seele schläft im Stein, träumt im Tier und erwacht im Menschen. Doch der Kenner der Wahrheit ist der wahre Wachende. Er ist ein Licht, das unter den Sternen weilt. | Die Erde ist das Reich der Schlafenden. Der Mond ist das Reich der Träumenden. Die Sonne ist das Reich der Erwachten. Das höchste Reich jedoch ist Mein Reich. | Die auf Erden wandeln schlafen und kehren auf die Erde zurück. Die im niederen Reich des Mondes wandeln finden sich im Reich der Ahnen wieder. Die im hohen Reich der Sonne wandeln finden sich im Reich der Strahlenden wieder. Die im höchsten Reich der vollkommenen Wahrheit wandeln kommen zu Mir. | Der Yogi, der das Träumen überwunden hat ist der Regent der Welt. Obwohl auf Erden geboren geht er durch die Kraft seiner Gedanken in das Reich des Mondes ein. Er durchquert die dunkle Nacht und erreicht die Sonne, erhebt sich weiter, hin zu ewigem Frieden in Mir.
Ich allein bin der Schöpfer des Universums. Ich allein bin der Schützer der Seelen. Ich allein bin der Vernichter aller Welten. Ich bin das ewige Selbst. Obwohl alles in Mir besteht, kann Mich keiner sehen. Mich sehen nur die, die die Wahrheit in ihren Herzen suchen. | Meine kosmische Gestalt und die sieben Welten sind Meine Projektion. Meine wundersame Macht habe ich euch schauen lassen. | Der goldene Urkeim des Lebens ist Meine erste Manifestation, durch die Ich die Schöpfung in Gang setze.
Ich erschuf den Himmel und Mich teilend ließ Ich das erste göttliche Paar, den Mann, Ishvara, und die Frau, Ishvari, entstehen und übertrug ihnen die Aufsicht über alles was geboren wird und stirbt. | Ich erschuf die niederen Welten, einschließlich der Erde. Ich erschuf Sonne, Mond und Sterne. Ich erschuf Steine, Pflanzen, Tiere und den Menschen. Ich erschuf das erste menschliche Paar, den Mann, Manu, und die Frau, Manavi. | Sie fühlen sie zum einen getrennt, zum anderen, wenn sie eines Herzens sind, vereint. Sie sind zwei und eins. Ich übertrug den Göttern, die ebenfalls Manifestationen Meiner sind, die Aufgabe, die Menschen die geistigen Geheimnisse zu lehren, einem jeden der Reife seines Geistes gemäß. | Von den Göttern bis zum Grashalm schuf Ich alles zum Wohle des Menschen, der sich in Mir spiegelt wie der Himmel im Teich. Der Mensch und die Welt sind die sichtbare Manifestation Meines unsichtbaren Selbstes.
Durch Meine Kraft trägt das Feuer die Opfer zu den Göttern und den Ahnen. Durch Meine Kraft verdaut das Verdauungsfeuer die Speise. | Durch Meine Kraft belebt das Wasser alles was lebt. | Durch Meine Kraft belebt die Luft alles was atmet. | Durch Meine Kraft leuchtete der Mond bei Nacht. | Durch Meine Kraft erhellt die Sonne die Welt. | Durch Meine Kraft lässt es die Wolke regnen. | Durch Meine Kraft wird der Mensch geboren und stirbt. | Durch Meine Kraft lacht der eine und weint der andere. | Durch Meine Kraft erhellt das Gebet das Herz des Menschen und befreit ihn von Vergehen. Durch Meine Kraft erweckt Parvati, die Göttin, Liebe in denen, die über sie meditieren. Durch Meine Kraft vernichtet das Feuer alles am Ende der Zeit. | Durch Meine Kraft kommen die Götter ihren Aufgaben nach. | Durch Meine Kraft wirkt die Zeit. | Durch Meine Kraft leben die Lebewesen ihr Leben, je nach ihrem Bewusstseinszustand. | Durch Meine Kraft bestehen die Welten. | Durch Meine Kraft bestehen Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. | Der Intellekt, das Ego, der Geist, die fünf Elemente und der menschliche Körper unterstehen Meinem Willen. | Erde gibt dem Körper Halt durch Knochen, Fleisch, Haut, Arterien, Haar. | Wasser ist im Körper in Form von Speichel, Urin, Blut, Samen, Schweiß. | Feuer ist die verbrennende Kraft im Körper in Form von Hunger, Durst, Verdauung. | Luft gibt dem Körper Stärke durch Atem, Bewegung, Wachstum, Verfall, Ausscheidung. | Raum (Äther) gibt dem Körper Erhabenheit, Schönheit, Liebensw ü rdigkeit, Lebendigkeit, Ausstrahlung. | Sie alle formen Körper, Geist und Leben. Sie unterstehen Meiner verbindenden Yoga Kraft.
Yoga führt zur Einheit mit dem Göttlichen. Yoga lässt Rechtschaffenheit im Herzen des Menschen entstehen. Yoga lässt das materielle Leben ausgeglichen sein. Yoga lässt das Begehren des Herzens in Erfüllung gehen. Yoga führt zur Einheit mit Mir, Samyoga.
Nun habe Ich euch das höchste Wissen über den Yoga offenbart. Er führt den Menschen zur Befreiung, heraus aus dem Kreislauf von Geburt und Tod, Samsara. Er führt ihn zur Einheit mit Mir, Samyoga. Yoga und Samyoga sind dasselbe. (Die Übersetzung ist von Christa Scheler und findet sich auf www.hindumythen.de)
Es scheint nun hinreichend klar, dass Parvati im Hinduismus die Göttin der Liebe ist, zumindest ist das eben eine ihrer vielen Seiten. Wenn man also ein Anliegen hat, das ihren Tätigkeitsbereich berührt, dann wendet man sich am besten an sie. Wie beschrieben, macht es am meisten Sinn, sie im Rahmen der Meditation zu kontaktieren, doch wie das funktioniert, weiß ich beim besten Willen noch nicht, bzw. wird das Gegenstand einer anderen, neuen Geschichte. Ich hoffe, das war jetzt nicht zu episch, aber episch und asiatisch, naja, die beiden Begriffe haben viel miteinander zu tun. Alles Gute, passt auf Euch auf, liebe Grüße von der grünen Insel. Niklas