Frost

Viele Kilometer sind gelaufen worden seit Burgos. Mittlerweile stehen wir in Tricastela, bereits in Galizien, auf nurmehr 600 Meter und sind ca 130 km entfernt von Santiago. Es ging stets weiter in dem Modus: einer fährt, der andere läuft, mal mit, mal ohne dem Rocco. Parallel zu unserer Selbsterfahrung hat sich die Welt allerdings weiterentwickelt, nicht zum Guten aus unserer Sicht. Ganz einfach: Die verhassten Campingplätze, die wir jetzt so dringend bräuchten, sind mittlerweile geschlossen, man muss regelrecht nach ihnen suchen, und teilweise sogar Umwege in Kauf nehmen, um einen der noch offen ist, zu finden, schließlich ist der Wert einer warmen Dusche, einer Waschmaschine mit Trockner oder eines Stromanschlusses dramatisch gestiegen. Es ist nicht mehr hell genug, um über Solar genug Strom zu bekommen, die Etappen sind zu kurz um die Batterie zu laden, so hatten wir mehr als einmal abends dunkel. Neulich musste ich 2 Stunden fahren, um eine Vodafone Datenkarte zu besorgen (in Palencia), damit wir ins Internet und an Mails kommen. Die Betten sind klamm, die Klamotten werden nicht mehr trocken. Immerhin die Gasfrage konnte gelöst werden, hinten steht eine schöne orangene 11 kg Flasche mit Anschluss, die darauf wartet, dass unsere deutsche leer ist.

Heute: Wir hatten gestern Abend in Rabanal, einer Anhöhe, ca 1100 m oberhalb Astoarga gestanden und auf einer Wiese außerhalb des Ortes mit einem Bonner Paar, Koch und Krankenschwester, die wir immer wieder mal getroffen hatten, Party gemacht. Feuer für die Wärme, und Chefessen für uns. Heute früh bin ich dann um 8 raus mit dem Rocco, um ein-zwei Pässe zu laufen, 27 km bis Molinaseca und über das gefürchtete Cruz de Fierro (1550 m). Das war ne Tortur… 5 Stunden mit nassen Füßen, bei null Grad und im Hagelsturm, Schneematsch und dabei in Sorge, ob Sarah den Weg nach Molinaseca auf den matschigen kleinen Landstraßen gut meistert (sie hat, natürlich). Da stand ich dann um 13 Uhr auf dem verabredeten Punkt, einem Stellplatz im Ort und niemand war da, nicht nur der Van nicht, vor allem keine warme Dusche. Sie kamen dann bald, mit den Bonnern, aber wir taten uns schwer, einen Ort zu finden, wo wir wenigstens ein wenig Annehmlichkeit fänden. Es gab einen Campingplatz in Ponferrada, ca 20 min entfernt, aber dort waren Hunde verboten. Also diskutierten wir, denn es standen noch 2 Pässe nach Galizien aus, mit einer Wetterberichtstendenz zum Schlimmeren. Am Ende trafen wir eine schwere Entscheidung, nämlich 4 Etappen zu überspringen, solange wir wenigstens noch ein wenig über Null sind, und direkt nach Galizien, eben nach Tricastela zu fahren und O Cebreiro etc einfach wegzulassen, bzw. schnell durchzufahren. Haben wir dann auch gemacht, durch frisch geräumte Passstraßen und Nebel verhangene Bergwelten. Schöne Etappen verpasst, aber dafür wenigstens wieder im Flacheren.

Zuvor hatten wir uns über Carrion, Sahagun, Fromista in die Gegend von Leon durchgeschlagen. Viel zu oft liefen wir an der N-120, der Nationalstraße, durch die die LKWs fegen, wir haben hier auch 3 Etappen sausen lassen, weil berichtet wurde, dass diese um Leon und bis Astorga einfach nur noch am Rande der Landstraße verlaufen, das brauchen wir wirklich nicht. Und alles mit selten mal guten und oft schlechten Stellplätzen. Mal sonnig, mal regnerisch, stets allerdings im Sturm. Seit ca einer Woche verfolgt uns dieser eiskalte Wind, der durch Mark und Bein geht. Und auch nachts, wo immer man steht, wackelt alles, Äste rascheln, das Auto schwingt. Und gejagt wurde auch wieder viel. Das kastilische Hochland ist eine Einöde, habe ich ja vielleicht schon erwähnt, arm und in der Wirkung krisengebeutelt. Es gibt Ausnahmen, zB eben dieses Rabanel oberhalb von Astorga (der Stadt, in der Gaudi einen Palast dekoriert hat), hier ein Bild dieser schönen Natursteinstraßen:

Ansonsten erschien uns Leon eher arm und leer. Bauernland, intensiv überbewirtschaftet aber ohne dass man sehen könnte, dass es den Leuten gut geht. Zumindets so gut wie uns gestern Abend, als der Bonner Chefkoch zwischen unseren Autos ein Iberico “Secreto” und Lachs zubereitet hat, ein Gedicht. Sarah läuft morgen 18 km nach Sarria, wo es evt einen offenen Campingplatz gibt, jetzt stehen wir vor dem Consello in allerÖffentlichkeit. Ich habe noch zu arbeiten, Sarah spielt mit den Bonnern oben im Dorf in einer Herberge ein Spiel.

Macht es bitte gut und passt auf Euch auf, viele liebe Grüße aus dem Winter. Niklas

Niklas WeißKommentieren