Neue Sichtweisen
Mein erster Drohnen-Selfie, klar, noch leicht verkrampft, aber immerhin nicht mit ausgestreckter Hand.
Ich wünschte, ich hätte den «fliegenden Fotoapparat» schon in Bali gehabt — es hätte wunderbar gepasst, die vielen neuen Perspektiven, die das Leben in so anderer Umgebung auf einen hinwirft, von real anderen Standpunkten aus dokumentieren zu können.
Aus 193 Metern Höhe, rechts unser Campingplatz
Eine Sache ist ja, dass das Ding fliegt (die Drohne) und dabei Videos aufnehmen kann, Spionenzeugs, aber es geht eher darum, dass sie «steigt»; sie erlaubt einem zu wachsen und die selbe Welt aus der Perspektive eines Riesen zu sehen. Das wird jetzt nicht jeden interessieren, aber für mich tun sich hier ganz neue Welten auf. Schon immer sah ich die Fotografie als etwas, genauso wie das Erleben von Orten, dass man sich erarbeiten muss. Erarbeiten im Sinne von: Man muss erstmal selbst da sein, man muss zur rechten Zeit da sein und am rechten Ort, im rechten Blickwinkel… Wie oft habe ich mich zuletzt schwergetan, dass auf Bali Bäume gleichwie Formationen waren, Gebilde, die mein Objektiv kaum mehr einzufangen vermochte. Und was musste ich nicht stürzende Linien bei Palästen und Tempeln korrigieren, weil die 1,82 Meter-Blickhöhe für soviele Elemente der Welt einfach zu niedrig ist. Wäre ich doch größer oder könnte ich do irgendwo hinaufklettern… Und jetzt habe ich ein schier grenzenloses Stativ, das nichts weniger als statisch ist. Ich kann über dem Boden gleiten, um die Welt aus dem Blickwinkel der kleinen Tiere zu sehen, oder um Menschen herumfahren oder Bäumen auf Augenhöhe begegnen. Da fühlt man sich wie Prometheus, fast schon in einer Grenzüberschreitung, weil man sich gestattet, seinen Ort frei neu zu wählen. Wollte ich früher einen Fluss fotografieren, so musste ich auf ein Boot oder eben hüfthoch da hinein, nun haben meine Arme Verlängerungen bekommen, die überallhin reichen. Ob 1 Kilometer hoch oder gerade über der Wasseroberfläche inmitten des Flusses oder Sees, keine Grenzen.
Etwas niedriger, aber immer noch 143 Meter
Natürlich bin ich noch sehr mit dem Fliegen an sich beschäftigt, insofern bindet das eine gewisse Aufmerksamkeit, die vielleicht beim Fotografieren fehlt; aber das wird schon. Ich bin sicher, im Nu wird diese neue Realität völlig verinnerlicht und ich kann die Orte, die mich faszinieren, von da betrachten oder festhalten, wo sie betrachtet oder festgehalten werden sollen.
Heute war ein schöner Tag. Es war zwar windig, aber es war warm. Wir waren sogar im eiskalten Wasser der Soca schwimmen, naja, eher das Modell Untertauchen, bibbernd entfliehen, sie ist schon saukalt. Außerhalb des Busses und des Schattens der Markiese war es sehr sommerlich, blauer Himmel über uns, viel Ruhe im Quartier; allein, dass wir nun mal ein paar Tage an einem Ort verweilen, hat es schon möglich gemacht, dass man ein wenig «ankommt», bislang fühlten wir uns immer wie hinter dem Van herrennend.
Wir haben beschlossen, noch einen Tag dranzuhängen, und erst dann nach Bovec weiter nördlich zu fahren, um einen alten Geschäftspartner, der letztes Jahr in die Rente gegangen ist, zum Essen zu treffen. An der schönen Nadiža, die entlang der Grenze vom Friaul zu Slowenien fließt, viel wärmer und genauso wunderschön türkis wie die Soca wollen wir dann nochmal baden und am Nachmittag nach Österreich weiterfahren, eine Freundin von Sarah zu treffen, vielleicht für 4-5 Tage. Sie und ihr Mann eröffnen ein Café in Mariapfarr, nördlich von Villach. Sie haben viel Platz, wie es scheint, und wir wollen dort eine kleine Weile bleiben, wenn es denn passt. Mal raus aus dem Campingplatz-Geschäft.
Soweit für jetzt, es wurde auch anständig gearbeitet, jetzt habe ich noch einen Philosophie-Aufsatz für Sophia zu lesen und mit Matt aus Nizza zu palavern. Machts gut und passt auf Euch auf, viele Grüße, Niklas