Lernen statt schmollen
Wenn man sich in einer persönlichen Krise so sehr mit sich selbst beschäftigt, dann kommt man nur kaum vom Fleck. Wie schon beschrieben, das ist wie eine Drehtüre, die man nicht verlässt. Also dachte ich mir, dass ich neben vielen guten Gesprächen mit Familie und Freunden auch studieren will, um das Funktionieren des Bewusstseins und viele andere Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen, als getrieben durch mein Schmollen. Da gibt es einen Tamilen, der ein Seminar anbietet, welches 7 x 90 Minuten dauert. Ich habe es bereits zweimal gemacht. Nun ein drittes Mal. Es ist keine Lehre, keine Religion, kein Dogma – er beschreibt es als eine Erfahrung, die Prozesse, welche einen nach innen führen, anstößt und einen mit Kentnissen ausrüstet. Je nachdem, wo man auf seiner spirituellen oder wie auch immer Reise ist, holt einen das Seminar woanders ab oder führt einen tiefer. Es nennt sich Inner Engineering, also sowas wie «Die Mechanik des Inneren». Der Mann hat einen klaren Verstand und große Logik, es ist einfach, ihm zu folgen. Seine Erklärungen sind immer wieder wissenschaftlich fundiert und haben zudem Referenzen auch zu diversen Religionen oder Traditionen, Mentalitäten. Ich kann das nur wärmstens empfehlen; natürlich kann ich das hier nicht wiedergeben, aber ein paar Dinge erscheinen mir so brilliant und hilfreich, dass ich sie hier mal versuchsweise erwähne. Einiges hatten wir ja schon in dem Beitrag von den Gillies. Aber damals war das Allan Whatts, 71 gestorbener Zen-Buddhist. Sehr witziger Weiser.
Die Klasse, die mich wirklich begeistert hatte, handelt von Responsibility, Verantwortung. Dies ist ein Wort, welches gerade in unserer Gesellschaft zumeist völlig falsch aufgefasst wird, weil es fast nur im Außen angewandt wird. Im Englischen Wort ist es einfacher zu sehen: Responsibility ist die Ability (Fähigkeit) zur Response (Antwort). Steckt im Deutschen ja auch drinnen. Ver-Antwort-ung. Die Vorsilbe ver- zeigt neben anderen Ebenen auch eine bestimmte Intensität der Tat sowie einen Prozess an, sich ver-lieben, sich ver-tun, sich etwas ver-sagen… Aber die eindeutigere englische Bezeichnung basiert direkt auf dem Lateinischen respondere, erwidern, und abilitas, Eignung. Im Außen kennen wir Verantwrtung zu übernehmen als ein Schwergewicht. «Du hast das zu verantworten» heißt oft, dass ich dran schuld bin, «Übernimm Verantwortung» heißt, ich soll die Last einer Aufgabe tragen. und so weiter. In seiner ursprünglichen Bedeutung meint Verantwortung aber das wir antworten können. Entkleidet von Schuld, Last, Strafe meint antworten hier in Kontakt treten, sich verbinden. Ich sehe etwas geschehen, ich bin nicht beteiligt, aber ich kann mit der Situation in Kontakt treten. Wie wir es alle kennen, muss das auch nicht in meiner Nähe passieren. Nehmen wir ein WM Endspiel, die ganze Welt beinahe ist in diesem Moment völlig verbunden mit dem, was dort passiert. Klarer wird’s, wenn wir verneinen. «Ich bin nicht verantwortlich», was heißt das? Meistens dass ich nicht schuld bin. Genauer hingesehen und eher als ein Begriff, der in unserem Inneren eine Rolle spielt, heißt das aber: Ich schneide mich davon ab. Ich mache eine Türe zu, ich verbinde mich nicht damit, will nichts damit zu schaffen haben. Aber als Menschen sind wir mit inneren und äußeren Sinnen ausgestattet und programmiert, mit einfach allem verbunden zu sein. Nicht was um uns geschieht, hören wir nicht, sehen wir nicht. Unser Unterbewusstsein filtert nur, ansonsten würden wir verrückt. Genauso wie wir bestimmte Wellenfrequenzen nicht hören oder bestimmte Farben nicht sehen, alles zum Schutz. Wenn morgens die Sonne aufgeht, gehen im Körper durch diesen Impuls chemische Prozesse los, die uns bereit machen für den Tag. Die Grundfrequenz der Erde sorgt dafür dass wir schlafen können, alles bekannt. «Sich mit der Welt und schlichtweg allem zu verbinden», heißt es, und «leben» sei ein und dieselbe Sache. Unsere Sinne haben wir, um uns zu verbinden, genauso wie wir Gefühle haben um zu fühlen und Verstand um ihn zu gebrauchen (siehe Kant). Sich bewusst von etwas abzuschneiden, sei ein Ausdruck von Leblosigkeit. Eine Verweigerung zu leben demnach. Dem Gedanken in die Tiefe zu folgen, dass ich für alles, was mir, alles, was um mich herum, auf der Welt, im Universum geschieht, verantwortlich im obigen Sinne bin, ist eine riesige Hilfe, sich mit dem Leben und vor allem mit sich selbst zu verbinden. Ich bin derjenige, der ein glückliches und erfüllte Leben haben will – warum sollte jemand anderes dafür verantwortlich sein? Dieser Gedanke führt aber weiter dazu, dass ich für Unglücklichsein, Elendsein, Glücklichsein, eben auch in diesem Sinne verantwortlich bin. Und kein anderer. Was bedeutet Glücklichsein? Wenn man nicht weiter nachdenkt, dann kommen da Ideen wie, mein Kind wurde geboren, ich habe geheiratet, habe eine Beförderung, habe die Liebe meines Lebens getroffen, aber das stimmt nicht. Das sind nicht die Gründe für Glücklichsein. Sonst müsste man ja jedesmal, wenn sowas wieder passiert, automatisch glücklich sein. Nein, der tiefe Grund, warum man dann glücklich ist, ist, dass man in diesem Augenblick, der so kurz ist, dass er keine Zeiteinheit hat, alles in einem, um einen herum, alles auf der Welt, in der Galaxis, im Universum vollständig und ausnahmslos akzeptiert. Es ist nicht, dass man alles um sich vergisst, wie es heißt, sondern man ist im Gegenteil mit der gesamten Existenz im Fluss. Vollständige Akzeptanz des Augenblicks ist der Schlüssel. Nicht ein anderer Mensch, eine Gabe oder ein Ereignis. Für Glücklichsein arbeitet man nicht, man verdient es nicht, es steht einem nicht zu, sondern es stellt sich ein, wenn wir vollständig akzeptieren, dass in diesem Moment alles gut so ist wie es ist und wir uns vollständig in Akzeptanz ergeben. Und dann ist Glücklichsein eben kein Ereignis sondern ein Zustand. Es ist eine Qualität unserer Lebensform. Und warum ist das wichtig? Wenn man genau hinschaut, auf die Frage hin, was ist Leben, wo und wann findet es statt?, dann ist man schnell verwirrt. Aber ganz genau hingesehen zeigt sich: Der einzige Moment, in dem Leben wirklich stattfindet, ist genau jetzt. Nicht jetzt, jetzt! In diesem Moment, der keine Spanne hat, ist der einzige echte und wahre Ort von Existenz. Es ist die einzige Form von Realität. Und die einzige echte Form von Wahrheit. Leben existiert nur in genau diesem Moment. Nicht in der Vergangenheit, denn dort ist kein Leben, nicht in der Zukunft. Nur genau jetzt. Und wenn ich genau den Moment jetzt betrachte, dann sehe ich, dass er absolut unausweichlich ist. Ich kann ihn nicht ändern, er ist schon vorbei. Alles was davor war, hat ihn ergeben, alles, was weltweit passiert ist. Sich zu ärgern über etwas, was absolut nicht anders sein kann, als es ist, ist unnütz und unvernünftig. Viel sinnvoller ist es, zu akzeptieren, dass ich für alles stets verantwortlich bin und mich mit meinem Leben dort, und nur dort, wo es stattfindet verbinde und mit mir selbst interagiere. So komme ich in die Lage, aus einem Zustand von Glück meine nächsten Momente mitzugestalten. Mich mit dem Moment in Akzeptanz zu verbinden, bedeutet, mich mit meinem Leben zu verbinden. Ängste über Dinge die kommen können oder Ärger über Sachen die waren, Trauer über Dinge, die zurückliegen, bedeutet, sich mit einer «Geschichte» zu verbinden, die man sich selbst erzählt oder einem Konzept, das die Gesellschaft oder Religionen uns gegeben haben. Die Realität zu begrüßen, sich voll zu engagieren, die Verbindung zu allem zu erlauben führt mich tiefer ins Leben an sich und tiefer zu mir selbst.
Eine weitere wichtige Klasse handelte vom «Klang der Schöpfung». Auch sehr inspirierend, gerade wo ich mich doch so für Frequenzen interessiere. Die Wissenschaft hat das längst akzeptiert – seit Einstein sagte, dass der Urgrund der Welt Vibration ist, Frequenz, Information, ist viel weitergeforscht worden. Der Indische Lehrer erklärte, dass dieses Wissen in Indien schon vor 2500 Jahren da war. Weil man allerdings Wege finden muss, um komplexe Sachen zu erklären, hat man die Gottesidee im Hinduismus dafür genommen. Und eben eine Story geschrieben. Es gibt drei zentrale Energieformen: schöpferische, erhaltende und zerstörerische Energie. Und was sei die «Währung» jeder dieser Energieformen? Schöpferische braucht Intelligenz, Weisheit, Inspiration. Erhaltung arbeitet mit und erbringt Wohlstand und Zerstörung verwendet unglaubliche Kräfte. So kam es zur Geschichte der Trinität: Schöpfer is Brahma, seine Frau Saraswati ist die Gottheit der Weisheit und Intelligenz. Bewahrer ist Vishnu, Lakshmi seine Gefährtin ist für Wohlstand verantwortlich und Sihva, der Zerstörer, hat Shakti zur Seite, Gottheit der Kraft und Gewalt. – Überleitend zu den Menschen fragte der Lehrer dann überraschend, welche Töne man ohne Zunge herstellen kann. Und es wurde heftig gesummt. Ergebnis: Man kann A, U und M ohne weiteres ohne Zunge machen, die anderen Laute benötigen eine gewisse Zungenstellung. Unterschied hier ist die Öffnung des Mundes. Beim A ist er weit offen, beim U wird er kleiner und runder, beim M bleibt er geschlossen. Die Inder haben eine orale Tradition, damit sich an der Weisheit der Antike nichts ändert, weil Übersetzungen, Sprachtransfers, Dialekte die Dinge oft verschleißen und nur noch Restwahrheiten bleiben. AUM ist der Urton der Schöpfung und auf uns Menschen bestimmt ein Set von drei Frequenzen, die in unterschiedlichen Stellen des Körpers vibrieren. Wir mussten und im Schneidersitz hinsetzen, und die linke Ferse musste quasi zwischen Anus und Genital sitzen, der rechte Fuß dann davor. Die vier Finger mussten zusammensein, nur der Zeigefinger musste mit dem Daumen einen Kreis bilden, die Handflächen offen sollten die Hände dann locker auf den Oberschenkeln ruhen. Der Rücken komfortabel gerade (ich brauche da immer noch ein Kissen). Wenn man so ein mundoffenes und langes «A» intoniert, dann wirkt die Vibration an einer Stelle kurz unterhalb des Bauchnabels. Diese Stelle heißt «Hara», kennt man vielleicht von «Hara-Kiri». Es ist der Ort, wo alle 72.000 Energiebahnen des Körpers in einem Punkt zusammentreffen. Wenn man mit einem scharfen Messer nur ca 1.5 cm an dieser Stelle durch die Haut geht, dann stirbt man, abgesehen vom Schnitt, sofort und schmerzlos. Die Japaner haben das perfektioniert. Das ist das Energiezentrum des menschlichen Körpers. Wenn man das «U» intoniert, so vibriert, ausgehend vom Solarplexus der Brustbereich. Die Vibration zieht sich an den Ränern hoch zum Schlüsselbein. Beim «M» startet es im Kehlkopf und geht zur Nasenspitze. Basierend auf diesen Vibrationen ist die Chakrenlehre entstanden. AUM ist das Mantra des Beginns. Die drei Positionen im Körper sind den Energieformen Schöpferisch, Erhaltend und Zerstörerisch zugeteilt. Wenn man diese Übung täglich macht, 7 mal jeden Laut für sich über einen ganzen Atemzug, dann 21 mal das AUM zusammen, dann kann man, laut dem Mann, die meisten Probleme des Lebens heilen, weil die drei Grundenergien dadurch in Balance kommen. Alle Laute müssen exakt gleichlang intoniert werden. In manchen Gegenden von Indien wurde daraus «OM», in christlichen Weltteilen «AMEN», bei den Muslims «AMIN». Das ist altes Wissen, was als Rest andernorts noch rumklebt. Und das Balancieren von Energie ist der Schlüssel zu allem, weil Krankheiten oder Probleme zumeist nur wegen fehlender Balance im Energiesystem auftreten. Ach, ich kann das nur so minimal darstellen. Wer sein Englisch fit hat, sollte das mal versuchen. Ich gebe gerne die Adresse her.
Ach ja, neben all dem Studieren gibt es ja auch noch Lilly the Little Lamb. Freunde von uns haben sie vor 2.5 Monaten, gerade mal 2 Monate alt, unter eine Brücke in Gianyar gefunden. So sah sie da aus und dann so sieht sie jetzt aus. Gestern habe ich eine kleine Instagramseite gemacht für sie, weil wir wollen, dass sich mehr Menschen um die armen gequälten Kreaturen kümmern.
Mary hat sie recht schnell adoptiert. Und nun, wo ich hier alleine mit ihr bin, kümmere ich mich um sie. Suche gerade einen Puppytrainer, wo sie zur Schule gehen kann, während ich in Deutschland bin. Am 24.6. bis 8.8. bin ich in D. Teilweise werde ich auch In Konstanz sein, Familie sehen, zumeist in Freiburg. Es ist noch nicht ganz klar, wo ich wohne, aber das zeigt sich noch. Ideen willkommen. Eine Woche fahre ich mit Tochter und Vater zu meinem Bruder nach Spanien, und auch mal für ein paar Tage nach Nizza. Ich will diese Woche meine Planung abschließen. Hoffe aber, soviele wie mgl zu sehen. Ach ja. Lillys Instagram-Account: https://www.instagram.com/lilly_ubud/
Das wars für heute aus Ubud. Ich hoffe, es geht allen gut. Passt gut auf Euch auf, und immer schön im Moment sein. Liebe Grüße, Niklas